Eigentlich möchte niemand traurig sein – und doch kennen wir die Erfahrung, auf eine bestimmte Situation nicht mit der angemessenen Trauer reagieren zu können.
Die Philosophen schwanken zwischen Strategien, Trauer zu vermeiden („unerschütterliche Stoiker“ von Seneca bis Kant) und Anleitungen, sie auszuleben (so z.B. Bernhard von Clairvaux oder Thomas von Aquin).
Dabei muss man unterscheiden: Neben einer Traurigkeit, die eher Züge der narzisstischen Kränkung bzw. selbst verschuldeter Depression trägt (acedia als eine der sieben Todsünden), kennt das Mittelalter den „Nutzen der Tränen“. So sagt Johannes Tauler, ein Schüler von Meister Eckhart, in einer Predigt:
Woran kann man „gute“ und „schlechte“ Traurigkeit erkennen? Traurigkeit ist weder stets zu vermeiden noch anzustreben: recht verstanden ist sie eine Tür, die zu durchschreiten bereit sein muss, wer zu größerer Freude finden will.
Prof. Dr. Peter Nickl
studierte Philosophie in München und Pavia. Lehraufträge am Philosophischen Seminar der Leibniz Universität Hannover. Arbeitsgebiete: Praktische Philosophie, Philosophische Anthropologie und Philosophie des Mittelalters. Peter Nickl ist Initiator des Festivals der Philosophie in Hannover.
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