Über autofreies Wohnen sprach man in der europäischen Stadt um 1800 natürlich noch nicht; auch hatte Erdöl lange nicht den heutigen Stellenwert für Produktion und Mobilität. Dennoch waren in der Zeit der Aufklärung Luft- und Wasserverschmutzung durchaus Gesprächsstoff. Wenn ganze Wälder für Haus- und Schiffbau gerodet wurden und Abfälle mangels Stadtentwässerung in Flüsse gelangten, konnte von Umweltschutz kaum die Rede sein. Gleichwohl überrascht der umfassende Diskurs um Nachhaltigkeitsfragen in gelehrten Zirkeln und der bürgerlichen Öffentlichkeit.
Der Jurist und Polizeidirektor Johann Peter Willebrand verfasste 1775/76 eine Abhandlung über Fragen der Vernunft in allem, was mit Stadt zu tun hat: von der Breite der Straßen über den Nutzen von Gärten für saubere Luft bis zur Müllabfuhr. Also was die Regierung zu tun hätte, damit in dieser wohlgeordneten und darum „schönen“ Stadt alles nach Vernunftsgründen geregelt werde. Die Publikation gilt als früher Beitrag zur Städtebau- und Verwaltungstheorie und kann genutzt werden, um das Denken der Zeit zu analysieren. Würden wir heute diese Prinzipien zum Maßstab erheben – so lässt sich mutmaßen – wäre schon einiges gewonnen.
Prof. Dr. Elke Katharina Wittich
studierte Kunstgeschichte, deutsche Literatur, klassische Archäologie und Musikwissenschaft an der Universität Hamburg. Ihre Schwerpunkte sind Lehrbücher der Architektenausbildung und Stadtentwicklung als Frage des Gemeinwohls. Seit 2021 leitet sie die Zentrale Einrichtung für Weiterbildung.
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